Die Bedeutung von Softwarearchitektur, der Einfluss agiler Methoden und die Rolle des iSAQB in diesem Kontext
Ein Interview mit iSAQB-Mitglied Tom Asel
Tom Asel ist iSAQB-Mitglied und der Gründer von tangible concepts. Er arbeitet seit über 15 Jahren als Entwickler, Architekt und Trainer in der Softwareentwicklung. Dabei bildet die agile Architekturarbeit einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Er begleitet Teams und Organisationen dabei, Entwicklungsprozesse, Fähigkeiten, Technologien und Architekturen aufeinander abzustimmen.
Wir haben mit ihm über die Bedeutung von Softwarearchitektur heute und den Einfluss agiler Methoden gesprochen.
Tom, was sind aus deiner Sicht die aktuellen Herausforderungen in der Softwarearchitektur?
Konkurrenzfähige IT-Prozesse sind, je nach Sichtweise, entweder ein Wettbewerbsvorteil oder eine Überlebensnotwendigkeit geworden. Das gilt heute mehr denn je. Suboptimale IT-Prozesse wirken sich praktisch in jedem Unternehmen direkt und messbar auf das Geschäft aus.
Dazu hat sich unsere Erwartungshaltung an Systeme verändert. Wir alle erwarten in der täglichen Arbeit vorzufinden, was wir an anderer Stelle gewohnt sind: Hochverfügbarkeit, gute Benutzbarkeit, Interoperabilität zwischen Diensten unterschiedlicher Art. Den Nutzer:innen ist dabei meist nicht klar, welch enormer Aufwand z. B. von Cloud-Anbietern betrieben werden muss, um diese Eigenschaften für Systeme, die aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind, zu garantieren. Die persönliche Erfahrung mit Apps, Amazon und Netflix definiert die Messlatte für alle täglich genutzten Systeme.
Für Unternehmen folgt daraus der konstante Bedarf, die eigene Systemlandschaft anzupassen und zu erweitern. Dieser Anspruch wird zum Treiber für agile Praktiken, Continuous Delivery und DevOps.
All das ist nicht neu, hat aber enorm an Bedeutung gewonnen. Architekturschaffende müssen dies in ihrer täglichen Arbeit berücksichtigen und tragen Verantwortung weit über einzelne Systeme hinaus. Sie müssen technisch und methodisch Expert:innen sein.
Euer Thema ist die agile Architekturarbeit – Worin liegt der Unterschied zur klassischen Architekturarbeit?
Im Mittelpunkt steht, architekturfähige Teams zu schaffen: Teams also, die weitgehend selbständig handlungsfähig sind und Architekturaufgaben wahrnehmen können, ohne, dass eine Konzentration auf die Architekturschaffenden als Einzelpersonen im Vordergrund steht.
Je nach vorherrschender Organisationskultur ist der Schritt hin zu teamgetriebener Architekturarbeit einfacher oder schwieriger. Das gilt insbesondere dort, wo zentralistische Ansätze, einzelne Entscheider:innen und Wissensträger:innen bislang das vorherrschende Muster darstellten. Oftmals ist bei der Transition Unterstützung notwendig, und wir helfen dabei, passende Maßnahmen zu identifizieren, die erforderlichen Skills aufzubauen und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen agile Architekturarbeit erfolgreich sein kann.
Braucht es denn heute noch dedizierte Architekten:innen oder sprechen wir nicht eher von Skills, die alle Entwickler:innen früher oder später erwerben müssen?
Es ist wichtig, Architektur als Disziplin zu begreifen und nicht auf eine bloße Rolle, die an Einzelpersonen geknüpft ist, zu reduzieren. Architekturarbeit leisten zu können, sollte eine Fähigkeit des Teams sein und nicht vollständig an einzelne Akteur:innen gebunden sein. Der Schlüssel liegt darin, die Verantwortung für die zuverlässige Erledigung von Architekturaufgaben klar zu regeln, die Umsetzung aber weitgehend dem Team zu überlassen.
Also ja, alle Entwickler:innen (und im Idealfall sogar alle unmittelbar Beteiligten) sollten über ein grundlegendes Architekturverständnis verfügen.
Welche Rolle spielt das iSAQB dabei?
Das iSAQB leistet einen wichtigen Beitrag dazu, die wesentlichen Architekturfähigkeiten zu vermitteln und Awareness für Architekturthemen nicht nur bei Spezialist:innen zu schaffen.
Architekturfähige Teams profitieren davon, wenn alle Mitglieder ein Grundverständnis der zu leistenden Architekturarbeit und damit verbundener Aufgaben haben. Für spezifische Aufgabenstellungen kann es dann einzelne Expert:innen geben, die spezifisches Wissen in der Tiefe besitzen, sei es methodisch oder technisch.
Die iSAQB-Module geben einen Rahmen für einzelne Themengebiete: Von den Grundlagen, die das Foundation Level vermittelt und die alle an der Softwareentwicklung aktiv Beteiligten beherrschen oder zumindest einordnen können sollten, bis hin zu den spezifischen Themengebieten mit individuellen Schwerpunkten wie DDD, Web Security oder eben Agiler Architekturarbeit.
Wie kann man deiner Meinung nach mit dem hohen iSAQB-Standard nachhaltig praxisrelevantes Wissen aufbauen?
Das iSAQB stellt durch ein anspruchsvolles Akkreditierungsverfahren sicher, dass Seminare nur von exzellenten Trainer:innen gehalten werden. Aber es benötigt noch mehr, um wirklich nachhaltig wertvolle Skills aufbauen zu können: Bei tangible concepts achten wir in jedem Training auf ein ausgewogenes Maß an interaktiven Elementen, denn Frontalunterricht und Folienschlachten sind schon lange nicht mehr zeitgemäß. Unsere Trainings sind so konzipiert, dass sie trotz eines standardisierten und anspruchsvollen Lehrplans genug Raum für individuelle Fragestellungen und gegenseitigen Austausch lassen.
Wir glauben, dass jedes Training sich ein Stück weit an die Teilnehmenden anpassen, ihnen entgegenkommen und sie im richtigen Maß fordern muss, um einen echten Mehrwert zu bieten. Darum bieten wir Seminare zum Beispiel auch im Halbtags-Modus an, um sie besser in den Alltag der Teilnehmenden zu integrieren.
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